Bericht – Konsequenzen aus E-Mobilität

Konsequenzen der E-Mobilität auf das Stromnetz

Erstmals sind im Jahr 2020 mehr Elektroautos verkauft worden (30%) als mit Dieselmotor (22%). Reicht das heutige Stromversorgungsnetz für die vielen neuen Ladestationen?

28.04.2021 Ueli Merz

Präsident Guido Breu begrüsste 30 Teilnehmer zum Webinar von Swiss Engineering Sektion Wil. Das Thema Stromversorgungsnetz für E-Mobilität ist noch wenig bekannt.
Die Technischen Betriebe Wil beschäftigen sich mit der Planung des Stromnetzes, um es für die zukünftigen Veränderungen fit zu halten.

Referent Andreas Gnos, dipl.El.-Ing. FH/STV ist Leiter Netz und Technik bei den Technischen Betrieben Wil. Die vielen neuen Ladestationen für Elektromobile sind eine Herausforderung für das Stromnetz, damit dieses nicht überlastet wird und ausfällt.
Zuerst folgt eine grobe Übersicht über die Energie, welche heute in Form von Elektrizität verwendet wird, und welche als Treibstoff für den Verkehr verbraucht wird. Der Treibstoff für den Verkehr soll ja zukünftig mit Elektrizität (Strom) ersetzt werden.

Energieverbrauch Schweiz
Vom Gesamtenergieverbrauch der Schweiz mit ca. 240 TWh entfallen rund 25% auf die Elektrizität mit 65 TWh. Bis ins Jahr 2050 werden die Atomkraftwerke entfallen, entsprechend 25 TWh, und es ist noch offen, wie der Bedarf durch erneuerbare Energien gedeckt werden soll mit deren Stromspitzen bei Sonne und Sturm, resp. Stromflaute bei Dunkelheit, wenn die Autos an den Ladestationen hängen.

Elektrizitätsbedarf für E-Autos
Ca. 35% der Gesamtenergie wurden 2020 für fossile Treibstoffe in Fahrzeugen verwendet, entsprechend 83 TWh. Bis im Jahre 2050 sollen z.B. 80% der Fahrzeuge, also 4.8 Mio Stück, mit Elektrizität fahren. Bei 25 km täglicher Fahrleistung ergibt die Berechnung einen Bedarf von 8.6 TWh elektrischer Energie. Dieser Bedarf muss mit erneuerbarer Energien gedeckt werden, da die Atomkraftwerke entfallen, und weil die Wasserkraftwerke nicht mehr erweiterbar sind.

Ladestationen wachsen wie Sand am Meer
Mit jedem neuen Elektromobil steigt der Bedarf an Ladestationen. Zuerst zuhause einphasig mit 3.5 KW, dreiphasig mit 11 KW oder 22 KW Leistung laden. Ein zweites Mal soll im Geschäft und ein drittes Mal an öffentlichen Ladepunkten geladen werden. Damit steigt die Anzahl Ladestationen oft unkontrolliert an. Was passiert nun, wenn in Tiefgaragen im Geschäft oder Mehrfamilienhaus ganze Reihen von Ladestationen gebaut werden? Sind die Leitungen im Quartier und im entsprechenden Stadtteil genügend dick, oder beginnen die Drähte zu glühen?

Ist das Stromversorgungsnetz genügend stark?
Jetzt kommen die Technischen Betriebe ins Spiel, welche die Mittelspannungsleitungen ins Quartier bringen und im Niederspannungsnetz bis zum Haus verteilen. Mit den heutigen Smart Meter zeigt die Netzanalyse jede neue Ladestation transparent auf. Damit ist erkennbar, wo sich Engpässe bilden werden. Die Engpässe entstehen dann, wenn viele Elektrofahrzeuge gleichzeitig mit hoher Leistung geladen werden. Tatsächlich wird es heisse Drähte geben und die Sicherungen auslösen. Deshalb wird es notwendig, die Ladeleistung und die Ladezeiten zu steuern.

Maximalleistung mit Lademanagement steuern
Würden alle BesitzerInnen ihre Elektroautos um 8 Uhr im Geschäft und um 18 Uhr zuhause einstecken und laden, so gäbe dies riesige Leistungsspitzen, welche sehr teuer werden. Deshalb ist es sinnvoll, die Ladezeiten der E-Fahrzeuge so zu steuern, dass die Spitzen auf längere Zeit verteilt werden. Nach einer Fahrt nach Zürich und zurück mit 100 km Distanz braucht die Nachladung bei einphasig knapp 6 h, bei dreiphasig lediglich 2 h Zeit. Damit kann die Ladezeit über den Tag oder die Nacht gut verteilt werden.

Smart Grid – Neue Technologie zur Online-Steuerung
Die heutigen Smart Meter erlauben keine Online-Steuerung für das Lademanagement oder für Solaranlagen. Mit Smart Grid wird erst die Online-Steuerung möglich. Die neuen Technologien sind notwendig, damit wir befähigt werden, die Ladestationen, die Wind- und Solaranlagen gezielt zu steuern, damit der Strom dann verbraucht wird, wenn er produziert wird, und damit das Stromversorgungsnetz stabil bleibt, ohne es völlig neu zu bauen. Die Technischen Betriebe haben leider keine gesetzliche Handhabung, ein Smart Grid zu bauen.

Fazit – gefährliche Liberalisierung
Wegen der fehlenden Standards und Vorgaben für ein Smart Grid entstehen mancherorts Engpässe im Stromnetz. Wenn es im Quartier dunkel wird, weil am Feierabend alle Elektroautos am Laden sind, spätestens dann wird es allen klar, dass Elektrizität ein begrenztes Gut ist, das nicht beliebig aus der Steckdose gezogen werden kann. Hier ist die Politik in der Pflicht, die Rahmenbedingungen zu setzen.

 

Präsentation zum Downloaden:

Konsequenzen eMobilität auf das E-Versorgungsnetz; 28-04-2021