Bericht – Neujahrsbegrüssung 2017

Die 4. industrielle Revolution ist am Laufen. Im Privatleben sind wir bereits digital vernetzt, was für die Industrie einen grossen Umbau bedeutet.

Swiss Engineering hat zum öffentlichen Vortrag bei der Firma Bühler AG in Uzwil eingeladen, und es sind über 100 interessierte Besucher erschienen, um über das Thema „Industrie 4.0“ zu erfahren, was dahinter steckt. Der Vortrag bei Bühler AG ist nicht Zufall, ist es doch ein Industriebetrieb, der sich aktiv weiter entwickelt und ständig neue Technologien entwickelt und fördert. Als kompetenter Referent führte Daniel Gillmann, Solve GmbH Buchs SG durch den spannenden Vortrag mit Fragerunde.

Industrie 4.0 ? Industrie 2025
In Deutschland heisst es Industrie 4.0 und in der Schweiz heisst es Industrie 2025. Fast alle Industrienationen, wie China, die USA, Japan und verschiedene europäische Länder haben Initiativen gestartet, um sich demselben Thema zu widmen. Die Folge ist eine rasante Entwicklung, die im Gang ist und zu unterschiedlichsten Normen und Standards führt. Was steckt nun aber hinter dem Begriff „Industrie 4.0“?

Inhalte von Industrie 4.0
Die Industrie wandelt sich mit dem Fortschritt der neuen technischen Möglichkeiten. Bisher löste die Automatisierung einen Schub Innovation aus. Neu ist es die digitale Vernetzung, welche zu neuen Geschäftsmodellen führt mit folgenden Stossrichtungen:

  • Flexible Produktion: Es wird dann produziert, wann und wo das Produkt benötigt wird.
  • Individuelle Produkte: Unikate und Kleinserien zu gleichen Kosten wie Serienprodukte. Ein Beispiel ist das über das Internet bestellbare Fotoalbum.
  • Neue Geschäftsmodelle durch digitalisierte und vernetzte Wertschöpfungsketten. Beispiel: Man kauft sich nicht ein Gerät, sondern dessen Nutzung.
  • Starke Position durch Innovation und neues Know-how. Das ist die Stärke der Ingenieure der Schweiz.

Was ist zu tun?
Aus den beschriebenen Stossrichtungen ergeben sich folgende Handlungsfelder:

  • Die Digitalisierung vorantreiben
  • Eine stärkere Vernetzung in Produktionsprozessen
  • Die gesammelten Daten nutzen
  • Die Prozesse vom Konzept bis zur Entsorgung vernetzen.

Eine Produktionsmaschine wird zukünftig selber das benötigte Material nachbestellen, ohne Unterbruch der Produktion. Sensoren der Maschine werden den Verschleiss messen, aber auch die Umgebung (Bediener, Temperaturen, Materialqualität etc.). Aus gesammelten Daten wird ersichtlich, wann Werkzeug zu ersetzen ist, bevor es defekt ist. Ebenso wird erkannt, ob Temperaturen, Bediener oder Materialqualität Einfluss auf die Maschine haben. Teile davon gibt es schon länger, aber selten alles aus einem Guss.

Das Internet der Dinge
Das Internet of Things (IoT) entsteht laufend, in dem bald jedes Gerät (Ding) an das Internet angeschlossen wird und über seinen Zustand Informationen preisgibt. Damit wächst die Anzahl von Geräten im Internet und dessen Nutzung. Im Gegenzug werden die vernetzten Geräte immer häufiger für Netzwerkattacken missbraucht, weil sie billig und technisch nicht genügend abgesichert sind. Dank dem IoT sind laufend mehr Daten in der Cloud, die ausgewertet werden können und über uns Informationen preisgeben.

Versuchslabor Cafeteria i4.0
Um die theoretischen Ansätze zu demonstrieren, gibt es die Wanderausstellung Cafeteria i4.0. Dort wird anhand einer Cafeteria gezeigt, wie die Vernetzung der Besucher und Maschinen der Cafeteria funktionieren. Als Prototyp konstruiert, entwickelt sich die Cafeteria laufend weiter. Die eingesetzten herkömmlichen Geräte sind mit Temperatur- und Drucksensoren ausgerüstet. Via Smartphone erfolgt die Kaffeebestellung, worauf die Kaffeetasse durch eine Aufschrift personalisiert wird und der ganze Produktionsprozess aufgezeichnet und auswertbar ist. Sponsoren sind Schulen, Berufsverbände, Hersteller und grosse Firmen. welche damit die KMU, zukünftige Ingenieure und die Bevölkerung spielerisch an das Thema heranführen.

Einfluss auf unser Leben
Hat die Entwicklung in Richtung Industrie 4.0 Auswirkungen auf unser Leben? Ja klar, denn im Berufsleben wird es Umstellungen geben, weil viele manuelle Arbeitsschritte entfallen, wodurch mancher Job entfällt. Hilfsarbeiten und Routinejobs werden verschwinden. Wir werden vermehrt Services nutzen, z.B. Ski und Schuhe mieten anstelle zu kaufen, oder ein Auto bei Bedarf ausleihen, aber nicht mehr besitzen. Anstelle eines eigenen Traktors wird die Erntemaschine die Felder bewirtschaften, die zeitlich gesteuert reifen werden.

Gefahren des Internet, Gefährdung der Netzwerke
Die vielen Maschinen und Netzwerke mit Verbindung zum Internet sind ständig bedroht. Hacker versuchen einzudringen. Die Gefahr der Manipulation und Spionage verunsichert die Welt. Wir werden lernen müssen, damit umzugehen, wobei es neue Berufe gibt, welche die heutigen Auslaufmodelle ablösen werden.

IoT – Do it yourself
Die Automatisierung mit Hilfe des Internets sorgt nicht nur für Stellenabbau, sondern auch für einen Serviceabbau. Wenn Bankschalter, Poststellen und bediente Kassen schliessen, müssen wir als Konsumenten die Arbeit selber übernehmen. Der Abbau ist längst im Gang oder schon erfolgt. Wer sich mit Smartphone, PC und Internet nicht auskennt, wird aus der Konsumwelt ausgeschlossen. Anstelle von 20 Plastikkarten besitzen wir 50 Internetkonten für die Erledigung alltäglicher Arbeiten. Schöne neue Welt für die Einen, ein Schmarren für die Andern.

Für die Schweizer Industrie bieten die neuen Technologien grosse Chancen, da wir mit dem dualen Bildungsweg beste Berufsleute und Ingenieurinnen und Ingenieure ausbilden, die hier beim Vortrag bei Bühler AG interessiert mitmachten.